Dienstag, 19. Juni 2012

Aus. Vorbei. Fini. Ende.


[singt] Es ist vorbei, bye, bye, Blogger, es ist vorbei. Vorbei.


Das ist es also. Ein letztes Bild aus St. Pauli, welches treffender nicht sagen könnte, dass diese Straße nicht mehr befahren wird. Ein letzter Hinweis, dass Huchmampfs Welt zwar eingestellt, ich aber keineswegs aufgebe, sondern einfach nur umziehe. Um Hoheit über meine Daten zu bekommen. Um Dezentralität zu fördern. Um wirklich mein eigenes Blog zu haben.

Wer mir weiter gewogen bleiben möchte, der möge diesen Blog aus seinen RSS-Feed nehmen und dafür den Feed von stonedgolem.de einfügen. Selbiges gilt für die Personen, die sich fragen, was ich unter einem "DatenschutzDeal" verstehe. Wer mir sowieso nur über G+ folgt muss nicht einmal etwas ändern, weil ich weiterhin neue Artikel auf G+ posten werde.

Ich hoffe, ich konnte euch hier ein wenig erfreuen und entschwinde in die Weiten meines eigenen Reiches.

Happy Texting.

Freitag, 15. Juni 2012

Wegen die Sache mit die BILD...

Es gibt Neuigkeiten "wegen die Sache mit die BILD", die am 23.6. ungefragt in meinen Briefkasten* flattern soll/sollte. Der aktuelle Stand ist wohl, dass der Springer-Verlag die Aktion wie angekündigt durchziehen wird. Vertriebspartner soll wohl die Deutsche Post werde, was nichts anderes bedeutet, als dass die armen BriefzustellerInnen den ganzen Tag plakern und leiden müssen. Von den Mehreinnahmen, die die Post dank der Aktion erwarten darf, werden sie wohl nichts abbekommen... aber das hat ja auch niemand erwartet, dass die, die an diesem Tag wirkliche Arbeit leisten, dafür auch entlohnt werden.

Die über 200.000 Absagen, die die Aktion von Campact bisher zusammengetragen hat, sind für Springer aber kein Problem. An jeden Briefkasten, der keine Bild erhalten soll, wird ein roter Umschlag versendet, der anstelle der BILD zugestellt werden soll. Inhalt des Umschlags: Geheim. [Quelle: Campact-Blog]

Aus diesem Post lassen sich drei Dingen ableiten.
  1. Ich versteh' die Sache mit dem neuen Leistungsschutzrecht langsam, welches sich hoffentlich noch verhindern lässt, und paraphrasiere nur noch mit direkter Verlinkung. Ob das was hilft, wenn der Titel des journalistischen Erzeugnisses in der URL selbst enthalten ist, darüber werde ich mich später mal auslassen.
  2.  Ich sollte schnell noch Springer widersprechen, dass sie mir überhaupt irgendwas zustellen. Oder gilt hier der "Keine Werbung einfwerfen" Sticker auf meinem Briefkasten?
  3. Wer auf Wundertüten und Geheimisse steht, sollte jetzt noch schnell der Zustellung der BILD widersprechen und sich an der Spannung erfreuen. Sind immerhin noch 10 Tage der Vorfreude, die bleiben.
  Was den Inhalt des Umschlages angeht, tippe ich auf Anthrax. Bleibt also bei bester Gesundheit.

* Ein netter Mensch hat mich auf einen Tippfehler hingewiesen. Ursprünglich stand an dieser Stelle "Bierkasten", was ein so schöner Freudscher Verschreiber ist, dass ich den Text zwar berichtigt habe, dafür aber den Hinweis auf den Fehler an dieser Stelle setze. Prost!

Donnerstag, 14. Juni 2012

Was haben Pandas, Zensur und Barbara Steisand gemeinsam?

Wie wäre es mit der Gemeinsamkeit, dass sie in der Überschrift zu diesem Blogeintrag stehen? Das reicht euch nicht? Tja, dann muss ich wohl leider ausholen.


Punkt 1: Der Panda


Schon vor einiger Zeit flatterte bei mir der erste Bericht über das "Schwarzbuch WWF. Dunkle Geschäfte im Zeichen des Pandas" herein. Geschrieben wurde das Buch von Adolf-Grimme-Preisträger Wilfried Huismann, einem anerkannten Journalisten also; erscheinen ist es beim Gütersloher Verlagshaus, welches zu Bertelsmann gehört. Nach berichten der Frankfurter Rundschau versteht sich das Buch als eine Erweiterung zu einem kritischen Dokumentarfilm, der unlängst im WDR und im SWR lief.

Schon gegen den Dokumentarfilm ist der World Wildlife Fond for Nature, kurz WWF, vorgangenen; anfangs erfolglos, doch im April konnte eine Einstweilige Verfügung erwirkt werden. Der WWF begründet die rechtlichen Schritte damit, dass unwahre, rufschädigende Behauptungen sowohl im Film als auch im Buch verbreitet werden würden. Laut Berichten der Süddeutschen Zeitung wurden auch Buchhändler angeschrieben, um diese auf mögliche, rechtliche Konsequenzen hinzuweisen, falls über sie das Buch erhältlich sein sollte -- aus rein informativen Zwecken natürlich, nicht um sie zu bedrohen. Dies hatte zur Folge, dass das Buch im Endeffekt nur noch über den Verlag direkt erhältlich war. Dies ist also die Ausgangssituation und erklärt zumindest den Panda im Titel.


Punkt 2: Die Zensur


Es ist das gute Recht des WWF oder jeder anderen Person, ob juristisch oder natürlich, sich gegen falsche Behauptungen und übele Nachrede zur Wehr zu setzen. Insofern kann mensch dem WWF also keinen Vorwurf machen. Allerdings gibt es zwei Punkte, an denen sich streiten ließe, ob dies noch Gegenwehr oder schon Zensur ist.

Der erste Punkt betrifft die Verhältnismäßigkeit: Laut Süddeutscher haben die Anwälte von Bertelsmann noch nie eine derart starke Gegenwehr wie im Falle des WWFs erlebt. Sogar Scientology -- bei weitem keine Gurkentruppe von Traurigkeit, wenn sie eine Möglichkeit sehen einen Gegner anzugehen -- hätte auf kritische Bücher weit weniger drastisch reagiert!

Die Verhältnismäßigkeit umfasst auch die Frage, inwiefern die "Information" der Buchhändler gerechtfertigt war. Es liegt zwar eine Einstweilige Verfügung vor, aber die bietet nur vorläufigen Rechtsschutz; wird sie wie in diesem Fall missachtet, kommt die Angelegenheit zur Verhandlung. Ein Urteil wird erst Freitag erwartet -- und bis dahin ist es legitim und rechtens, das Buch zu verkaufen, denn noch immer gilt in diesem Land die Unschuldsvermutung! Das Anschreiben an die Händler als bloße "Information" darzustellen, ist schon eine für sich genommen eine gewaltige Dreistigkeit, aber dennoch eine, die ihr Ziel erreichte: Die Zensur.

Und hier kann mensch dem WWF wirklich einen Vorwurf machen. Durch die von Microsoft perfektionierte FUD-Taktik ist das Buch praktisch bei den großen Ketten und Internetbuchhändlern nicht mehr erhältlich. Besonders bemerkenswert tut sich dabei Amazon hervor: Das Versandhaus, das kein Problem mit fragwürdigen Büchern des politisch rechten Spektrums hatte, so lange diese nicht indiziert sind, schreibt laut Süddeutsche folgendes zum Buch:

"Dieser Artikel ist in Deutschland indiziert bzw. beschlagnahmt. Wir bieten generell keine indizierten bzw. beschlagnahmten Titel auf Amazon.de an." [Zitiert nach der Süddeutschen Zeitung. Siehe Link.]
Leider hat Amazon die Seite inzwischen ganz vom Netz genommen, sonst hätte ich einen Screenshot angefügt. Aber: Wenn das mal kein vorauseilender Gehorsam ist! Von wegen indiziert: Das eBuch ist, zumindest noch, legal erhältlich, unter anderem beim Verlag direkt oder im neuen eBook-Store von Google.

Dennoch: Diese Art des Vorgehens ist eindeutig Zensur. Mit Hilfe einer Machtstellung wird die Verbreitung einer Kritik verhindert. Der WWF zensiert. Anders kann ich es nicht mehr ausdrücken. Denn ansonsten hätten sie nicht die Händler unter Druck setzen müssen und die Gerichtsverhandlung abwarten können -- weil erst dann entscheidet sich, ob die Kritik am WWF berechtigt oder vielmehr an den Haaren herbeigezogen ist. Diese Entscheidung sollen aber bitte Unparteiische treffen. Danke.


Punkt 3: Der Streisand-Effekt


Der Streisand-Effekt, benannt nach der gleichnamigen Barbara, gehört zu meinen Lieblingseffekten im gesellschaftlichen Gefüge. Er lässt sich wie folgt zusammenfassen: Wenn du (als mehr oder minder prominente Persönlichkeit) versuchst, etwas zu verbieten, erzeugst du damit eine Öffentlichkeit, die das Verbot lautstark kritisiert und damit das, was du verbieten wolltest, noch bekannter macht.

Mal ehrlich, ohne den medialen Streit hätte ich wohl kaum etwas davon mitbekommen. Schwarzbücher erscheinen dieser Tage an allen Ecken und so ziemlich alles wurde schon kritisch durchleuchtet. Vielleicht hätte ich eine Rezension in einer der unzähligen Tageszeitungen gelesen -- aber mich ansonsten nicht weiter damit beschäftigt. Erst die heftige Reaktion des WWF macht mich auf den Inhalt neugierig. Und wie es scheint, geht das nicht nur mir so.

Laut Süddeutscher ist die erste Auflage, die 10000 Exemplare umfasste, inzwischen ausverkauft. Die Vorbestellungen für kommende Auflagen soll auch schon mehrere Tausende umfassen. Wie oben schon beschrieben ist derzeit nur das eBook erhältlich, welches 4 Euro billiger ist als die Druckvariante. Vereinzelt findet man das Buch sicherlich auch noch im gut sortierten Buchhandel, der nicht zu den großen Ketten gehört und unter dem Radar des WWF die Bücher verticken kann.

So, damit sind alle drei Punkte geklärt und ich geh mal schauen, ob der WWF schon gegen die Doku auf youtube vorgegangen oder ob diese noch verfügbar ist.

Mittwoch, 13. Juni 2012

Dinosaurier im Vorgarten

Schon seid einiger Zeit stehen Dinosaurier vor dem Naturhistorischen Museum in Braunschweig. Heute habe ich mir mal die Zeit genommen sie abzulichten und mir überlegt, was sie sich gedacht haben könnten.


Introspektion: Als das Heute noch ein Morgen war...

Introspektion: Der Begriff bezeichnet in der Psychologie die Analyse des eigenen Verhaltens und Erlebens.

Introspektion: Der Begriff bezeichnet auf Huchmampfs Welt die Analyse des Verhaltens, Erlebens und der Wahrnehmung des Autoren, der daraus Fragen ableitet, diese versucht zu formulieren und seine Gedanken gerne mitteilen möchte. Es sind Momentaufnahme, flüchtige Gedanken, die hier protokoliert werden sollen, um sie vor dem Vergessen zu schützen. Aber sie erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit, sind gewissermaßen Work-in-Progress, und müssen auch nicht bis ins letzte Detail logisch sein. Sie dienen dem Anregen einer Diskussion und münden vielleicht irgendwann in fertige, ausformulierte, brauchbare Gedanken.

Wie unlängst geschrieben denke ich derzeit wieder viel über Science Fiction und damit auch über potentielle Zukünfte nach. Ein Aspekt, der mir schon länger dabei im Hirn rumgeistert, betrifft vergangene Zukunftsvorstellungen. Vorstellungen, die vielleicht nie eingetroffen sind, aber dennoch die Welt in ihrer Zeit bewegt haben. Ich denke an Bilder nie errichteter Metropolen, denen sofort an ihrer Darstellungsart ablesbar ist, welcher Zeit sie entstammen. Vor allem die Mitte des Jahrhunderts hat farbenprächtige Gemälde hervorgebracht, die ganze Generationen von Zukunftsvorstellungen geprägt haben und noch immer einen, wenn mensch so möchte, retromodernen Chic besitzen.

Diese Bilder und Vorstellungen versuchen einen Wandel einzufangen, dessen Anziehungskraft in seiner Exotik begründet liegt. Zumeist wird dieses Fremde mit der Verlockung einer besseren, humaneren Welt gepaart, die uns aus dem Elend unserer mit Plackereien geplagten Gegenwart befreit. Eine Fortschrittsgläubigkeit, die spätestens in den 1980ziger Jahren ihr Ende in den drecken Straßen des Cyberpunks fand, über dessen makabere Anziehungskraft ich vielleicht mal an anderer Stelle schwadroniere.

Auch wenn sich bei weitem nicht alle, sondern eher nur ausgesuchte Versprechungen des "Golden Age" der Science Fiction erfüllt haben, so steht Fiction an sicher ausnahmslos am Anfang aller Innovation. Beispielsweise wird in einer Star Trek Dokumentation behauptet, Motorola hätte das Mobiltelefon in Anlehnung an den Kommunikator entwickelt. Bedenkt mensch, dass insbesondere Motorola ausgesprochen lange an Klapphandys festgehalten hat und dass Kirk und Co. ihren Komm immer aufklappen müssten, weil das Mikrofon von einer goldenen Applikation geschützt wurde, dann springt die funktionale Ähnlichkeit ins Auge, sobald auf diese aufmerksam gemacht wurde.

Aber die Geschwindigkeit von Innovation ist langsam; langsamer zumindest als das plötzlicher Herausreißen aus der Gegenwart und die Neuorientierung in der fremden Ferne der Zeiten. Ein Transport, der uns durch Bild und/oder Vorstellungskraft ermöglicht wird. Dementsprechend überholt erscheinen uns gelegentlich innovative Erfindungen, wenn wir ihnen begegnen. Ein Beispiel hierfür könnte das Handy sein.

Früher fand ich mobile Geräte, auf denen sich jede beliebige Information abrufen ließ, als die Verheißung einer neuen Epoche der Informationsvermittlung. Ich war so fasziniert von dieser Idee, dass ich Jahre später in einer Folge Stargate SG-1 über ein ähnliches Gerät gestaunt habe, welches beliebige Informationen anzeigen konnte. Obwohl ich schon länger Handys gewohnt bin und obwohl ich seit Jahren Laptops nutze und obwohl ich einen eInk-Reader besitze war ich von diesen Geräten vollkommen fasziniert ohne ihre Existenz in meiner Gegenwart zu bemerken. Ich habe wohl meine Augen vor diesen technologischen Wundern ebenso verschlossen wie vor den Wundern der Natur, die uns so alltäglich erscheinen. Meine Blindheit war sogar vollkommen: Auch wenn ich diese Geräte nutze fühlte ich noch immer den romantischen Wunsch nach diesen Geräten. Ein Widerspruch, der nach einer Erklärung verlangt.

Ob ich sie geben kann, weiß ich nicht. Aber ich habe eine Vermutung: Der Wunsch nach freien und uneingeschränkt verfügbaren Informationen schien sich bei mir in diesen Geräten zu projizieren, obwohl sie gar nicht das eigentliche Ziel meines Wunsches sind. Diese Projektion also ist derart mit dem Wunsch, dem sie entspringt verbunden, dass eine Realisation des Gerätes ohne verbundene Realisation des Wunsche mich das Gerät nicht als das erkennen ließ, was ich mir ursprünglich wünschte.

Auf diese komplizierte Art ist es möglich geworden, dass sich einer meiner Zukunftswünsche ohne mein Bemerken erfüllte. Als mir dies dann aufgefallen ist, war ich erstmal ziemlich durcheinander. Und diese Verwirrung hält noch immer an, wie man diesem holprigen Erklärungsversuch vielleicht anmerkt, weswegen ich mich auch aufmachte, diesen Post zu schreiben. Und folgende Frage zu formulieren: Hat jemand da draußen, in den unendlichen Weiten des Netzes, ähnliche Erfahrungen gesammelt? Oder bin ich einfach nur blind?

Hyperion und das Fieber der fernen Zukunft...

Die letzten Tage über beherrscht wieder die Science Fiction mein Leben. Nicht, dass dieser Themenkomplex jemals ganz verschwunden wäre, aber nach A Song of Ice and Fire und Spartacus: Blood and Sand verlor sich die imaginierte Zukunft irgendwie im Sand der fiktionalen Vergangenheit. Aber jetzt ist das Morgen wieder da, mit all seinen Wundern, Irrwegen, Abenteuern, Warnungen und Gefahren.

Auslöser war ein Besuch bei Andere Welten in Hamburg, ein Laden, den ich nur als Nerd- bzw. Science Fiction Paradies beschreiben kann. Nachdem ich zuletzt durch keine Buchhandlung gehen konnte ohne über die dortige klägliche Auswahl an SF-Literatur zu meckern war es ausgesprochen nervenschonend vor ungezählten Regalmetern zu stehen, die -- von ein bissel Fantasy mal abgesehen -- nichts anderes boten als gesammelte Zukunftsvorstellungen. Alles, was ich mir in den letzten Jahren mal flüchtig zur Anschaffung überlegt hatte, war dort wirklich vorrätig; und plötzlich hatte ich die Qual der Wahl! Etwas von Andres Brandhorst, den ich mir schon länger mal zu Gemüte führen wollte? Oder vielleicht doch Hamiltons Void-Mehrteiler? Der neue von Eschbach soll ja auch nicht schlecht sein, aber muss ich den wirklich in diesem Laden kaufen, wo mensch doch besagten Bestseller wirklich in jedem verdammten Buchladen findet?

Im Endeffekt entschied ich mich für etwas, das ich zumindest einmal in einem ordinären Buchladen gesehen, damals aber nicht gekauft hatte: Dan Simmons Hyperion-Gesänge. Die Wahl bot darüber hinaus auch noch eine schöne Geschichte, die ich hier unbedingt erzählen muss.

Während ich also noch überlegend vor dem Regal stand und mich zu entscheiden versuchte -- angedacht war Brandthorst --, viel mein Blick auf die Hyperion-Gesänge und ich musste das Buch einfach mal wieder in die Hand nehmen. Es ist ein erstaunliches Druckerzeugnis; und ich spiele jetzt nicht auf den Inhalt, sondern vielmehr auf das physikalische Totbaumwerk selbst an! Obwohl es nur die Ausmaße eines durchschnittlichen Taschenbuches hat umfasst es um die 1400 Seiten. Gedruckt auf etwas, das an Bibelpapier erinnert, welches aber wirklich stabil und nicht durchscheinend ist. Das Resultat dieser Papierwahl: Das Buch ist schwer. Unerwartet schwer, was an der ungewöhnlichen Dichte des dünnen, aber stabilen Papiers liegt. Und jetzt das entsprechende Wortspiel dazu: Der Dichter Simmons hat das Buch halt dichter gemacht. Einmal auf die Schenkel klopfen bitte und dann lasst uns diesen unsäglichen Witz vergessen.

Ich steh also da, die Gesänge in der Hand, und überlege noch, als der Verkäufer auf mich zu kommt, auf das Buch blickt und meint: "Herrlich. Ein großartiges Buch. Du hast es doch gelesen."

Ich, kleinlaut: "Ähm... nein. Irgendwie bin ich bisher nicht dazu gekommen."

Er, forsch: "Na, dann, also! Du schaust doch kein Fußball, also nimm dir das Buch und bis Montag hast du's durch. Das liest sich am Stück!"

Ich fand dies so lustig, dass ich Hyperion schließlich gekauft habe. Zwar hatte der Verkäufer mit dem Fußball Recht, nicht aber mit der Lesedauer: Ich bin erst auf Seite 300 und versuche, erst meine Arbeit zu erledigen bevor ich mich wieder nach Hyperion begebe... wo es mich derzeit beinahe magisch hinzieht. Binnen weniger Seiten hat dieses Buch meine Liebe für Science Fiction, die in letzter Zeit ein wenig eingerostet ist, wieder voll entflammt. Wunderbare Bilder, gezeichnet mit wundervoller Sprache, getränkt mit funkensprühender Phantasie an allen Ecken und Ende und belebt mit interessanten Charakteren, deren Lebensgeschichte die erste Hälfte der Hyperion-Gesänge umfassen. Ich bin hellauf begeistert und sende auf diesem Weg mein Dank nach Hamburg für diese Empfehlung. Verbunden mit der Bitte, dass der Nachfolgeband, Endymon, bitte nächsten Monat im Regal von Andere Welten auf mich warten möge.

Donnerstag, 7. Juni 2012

Zurück zur Ständegesellschaft

Es gibt sie: Ideen, von denen ich mir wünschte, sie wären nie gedacht wurden. Diese ist eine davon. Wirklich alle Medien waren sich heute morgen einig und haben eine Nachricht verbreitet, die ursprünglich von NDR Info stammt: Die Schufa will Daten im Internet, vor allem in sozialen Netzwerken, sammeln und diese mit ihrer Kartei abgleichen! Damit der Aufschrei nicht soooo groß wird erforscht sie diese Datenverknüpfung im Tarnmantel der Wissenschaft und sucht dafür die Kooperation mit dem Hasso-Plattner-Institut der Universität Potsdam. Wir wissen ja: Wissen ist gut, Wissenschaft erzeugt Wissen, also ist auch Wissenschaft gut.

Dass diese Milchmädchenrechnung nicht aufgeht erkannte einst schon Robert Oppenheimer, aber wieso sollte der Menschen an sich aus Fehlern lernen? Wenigstens nehmen unsere Medien ihre journalistische Pflicht ausnahmsweise Mal Ernst und machen zumindest die Pläne öffentlich bekannt -- auch wenn sie sich scheuen, die entsprechenden Schlüsse zu ziehen.

Auf dem Seiten des NDR gibt es eine sehr schöne Aufstellung, in welchen Bereichen alles geforscht werden soll, die ich an dieser Stelle nicht wiedergeben möchte. Zum weiteren Verständnis kann aber ein Blick auf diese Website nicht schaden. Zusammengefasst kann man sagen: Die Schufa lässt den gläsernen Bürger erforschen und geht damit einen Schritt, den wir reflexartig eher von der Bundesregierung, Facebook, Google oder Apple erwartet hätten. Und im Gegensatz zur Bundesregierung braucht sie dafür keinen Bundestrojaner, im Vergleich zu Apple muss sie keine Geräte an die ausspionierten Kunden geben und anstatt Facebook und Google muss sie keinen, aber auch wirklich keinen verdammten Service bereitstellen, damit die Nutzer freiwillig die zur Nutzung vorgesehenen Daten hergeben. Der Clou ist simple wie genial: Es sollen lediglich die vorhandenen Daten auf den sozialen Netzwerken ausgelesen werden. Yippie!

Für den Fall, dass Nutzer ihren Klarnamen gegen ein legitimes Pseudonym austauschen, sollen Honeypot-Accounts angelegt werden. Accounts also, die interessant erscheinen und zum Befreunden oder Einkreisen einladen sollen. Cool. Mensch müsste mal nachlesen, ob sowas nicht gegen irgendwelche Nutzungsbedingungen verstößt. Aber das wird dann eine andere Schlacht. Auf jeden Fall soll dieses Vorgehen auch dafür sogen, dass Informationen aus den nicht-öffentlichen Teilen der sozialen Netzwerke gezogen werden können, womit die Möglichkeit der begrenzten Mitteilung an Interessierte zur privaten Kommunikation vollkommen ad absurdum geführt wird.

Als wäre der Schritt zum -- privaten, wohlgemerkt! Die Schufa ist immer noch ein gewinnorientiertes Unternehmen! -- Big Brother Institut Schufa nicht schon schlimm genug forciert diese Datenverknüpfung eine Art von Gesellschaft, in der ich zumindest nicht leben möchte: Die Ständegesellschaft. Hier der Versuch eine logischen Argumentation in 3 Schritten.


  1. Die vom NDR veröffentlichten Informationen sprechen eindeutig von "Relationship Extraction, um Beziehungen zwischen Entitäten zu gewinnen." Mit anderen Worten: Es wird geschaut, wer mit wem befreundet ist. Böse Zungen könnte jetzt auch sagen: Mit welcher Art von Mensch mensch am meisten Kontakt hält.
  2. Diese gewonnenen Daten werden auf ihre Korrelation zur Bonität der Person hin untersucht.
  3. Daraus folgt: Wenn du dich viel mit Menschen umgibst, die eine schlechte Bonität haben, dann machst du das doch nur, weil du auch eine schlechte Bonität hast und die anderen möglicherweise vom Jobcenter oder der Tafel her kennst. Willst du also keine schlechte Bonität auf Grund deiner Bekannten haben, dann halte deine Bekanntschaften rein und säubere deine Freundesliste von Individuen, die deinem Ruf schaden könnten. Öffentlich würde die Schufa eine derartige Ansicht natürlich nicht teilen, aber NDR Info liegen laut eigenen Aussagen vertrauliche Informationen vor, die genau diesen Verdacht bestätigen.
Wir sind also wieder in Zeiten der Ständegesellschaft angekommen: Wenn mensch sich nicht standesgemäß mit Freunden umgibt, dann muss der Ruf zwangsläufig leiden und das Leben wird erschwert. Ob der Durchgang nach oben ebenfalls durchlässig ist -- also ob man aufsteigt, wenn mensch sich nur mit guten Menschen umgibt -- ist dagegen mehr als fraglich. Vorsorglich haben auch schon einige Nutzer in sozialen Netzwerken ihre Freunde ironisch dazu aufgerufen sich zu entfreunden, falls sie Hartz IV empfangen sollten. Die Nachricht ist also verstanden wurden.

Diese Art der Datenverknüpfung ist zynisch und menschenverachtend. Sie stärkt die ohnehin schon grassierende Entsolidarisierung in der Gesellschaft, fördert Ellenbogenmentalität und stur hedonistisches Denken. Nach Schule, Ausbildung und Studium, die heutzutage schon stromlinienförmig zu verlaufen haben, muss jetzt also auch noch der Freundeskreis "artgerecht" gehalten werden. Kein Wunder, dass mir wieder reihenweise Nazivergleiche einfallen...

Dennoch, so ganz Hoffnungslos ist die Situation nicht, wie Heise mensch bei Heise lesen kann: Sie berichten, dass einige Datenschützer schon Bedenken gegen das Vorgehen angemeldet haben. Ich hoffe die Datenschützer haben recht und strafen der Aussage der Schufa, dass sich "natürlich alles im juristischen und legalen Rahmen in Deutschland" bewegt, Lügen. Wäre ja nicht das erste Mal, dass Big Brother Organisationen mit ihrer rechtlichen Einschätzung daneben lagen.

Mittwoch, 6. Juni 2012

Braunschweig, deine Straßenkunst (4)

Willkommen zurück zur allseits beliebten Fotoparade. Nach den letzten Bleiwüsten-Posts ist diese bunte Auflockerung sicherlich allseits willkommen. Diesmal schauen wir uns wirklich Kunst an, die sich direkt an der Kunstmühle am Ringgleis finden lässt. Die nachfolgenden Werke sind direkt gegenüber des Graffitis, das ich im letzten Post vorgestellt habe.


Ja, heute gibt es ein echtes Kunstwerk. Mit Tafel und Werkschaffenden. Ich hoffe, es gefällt euch.

Wer eine Hochzeit tut, der hat das Aufgebot ohne die GEMA gemacht

Irgendwie beschäftigt mich in letzter Zeit das Thema Hochzeit. Vielleicht, weil an meinem Schreibtisch ein Klebezettel mit Terminen zur Anmeldung der Eheschließung und der Heirat hängt. Wer weiß. Jedenfalls kam mir in dieser intensiven Beschäftigungsphase ein kleiner netter Artikel von netzpolitik.org unter die Augen, den ich euch natürlich nicht vorenthalten möchte.

Es geht darum, dass in Kanada jetzt wohl eine Abgabe beschlossen wurde, die auch bei privaten Veranstaltungen wie Hochzeiten oder Geburtstagen zu entrichten ist, wenn auf dieser Feierlichkeit (geschützte) Musik spielt wird. Dies inspirierte den netzpolitischen Autoren dazu, mal bei der GEMA die Situation in Deutschland zu erfragen. Die Antwort könnte komplizierter und nichtssagender nicht sein, weswegen ich allen Interessierten den schon genannten Link ans Herz legen möchte.

Die Idiotie hinter dieser Sache stärkt mich einmal mehr in meiner Ansicht, dass das Urheberrecht nicht dafür da ist, Privatpersonen zu gängeln, sondern um "Industriespionage" zu verhindern. Dennoch macht das aktuelle Leistungsschutzrecht das Leben aller Privatpersonen plötzlich sehr kompliziert: Plötzlich erscheint es leichter die Steuerklärung auszufüllen als herauszufinden unter welchen Umständen eine legal gekaufte CD eigentlich noch abgespielt werden kann, ohne das weitere Forderungen entstehen.

Womit ich auch gleich bei meinem Punkt ankomme. Konservative Politiker fordern beinahe reflexartig bei Urheberrechtsverletzungen härtere Strafen. (Alles was jetzt kommt bitte ich als Satire anzusehen) Recht so! Aber nur unter der Voraussetzung, dass alle Geburtstags- und Hochzeitsfeiern der vergangenen 70 Jahre nochmals akribisch überprüft und anfallende Forderungen noch gestellt werden können -- ohne irgendwelche politische Immunität, die den Politiker schützen würde. Diese wollen doch immer mit gutem Beispiel voran gehen, also sollen sie es auch!

Die auf diese Art generierten Einnahmen würden die darbende Musikindustrie auf Jahre künstlich am Leben halten. Und die Politiker würden vielleicht endlich einsehen, auf welch falsches Pferd sie gesetzt haben. (Ende der Satire. Ja, erst hier. Denn dass Politiker etwas einsehen können, daran glaube ich genauso wenig wie an den Weihnachtsmann.)


Da fällt mir ein: Ich sollte mir für meine Hochzeit noch einen GEMA-Antrag holen. Es wird zwar nur cc Musik gespielt (das beschließe ich jetzt mal selbstherrlich), aber anmelden muss mensch es ja doch, weil alles so demokratisch und fair geregelt ist. So ist das halt mich Pflichten: Mir wird pauschal unterstellt, dass ich die Musikindustrie verarschen will und ich muss deshalb nachweisen, dass ich es nicht mache. Wie war das nochmal mit der Unschuldsvermutung?

Beim schreiben des Artikels musste ich öfter an meinen Lieblingsartikel der Süddeutschen denken, an den ich gerne erneut erinnern möchte. Das ist zumindest mal ne Basis, auf deren Grundlage mensch weiter diskutieren kann.

Jetzt erhältlich: Das Humble Indy Bundle V!

Trotz oder wegen Krankheit komme ich endlich dazu diesen Artikel fertig zu stellen. Die Verzögerung erweist sich dabei als vorteilhaft, weil neue Aspekte ans Licht kamen, die ich noch mit einarbeiten konnten. Aber lest selbst.

Ein neues Humble Indie Bundle, das fünfte seiner Art, ist verfügbar. Und es ist ein Bundle der Superlative. Das Startaufgebot besteht aus
Bastion gibt es nur, wenn mensch mehr als den Durchschnitt bezahlt, alles andere ist ab einen US cent erhältlich. Werden Steam-Keys benötigt, dann liegt das Mindestgebot bei einem US-Dollar. Wie immer gibt es die Spiele ohne DRM und ein Teil des Geldes lässt sich wieder spenden. Als karitative Organisationen sind, wie schon öfter, die Electronic Frontier Foundation und Child's Play vertreten. Soweit also nichts neues.

Neu ist, dass ich mich frage, in wie weit dies noch ein "Indie"-Bundle ist. Mit Psychonauts ist ein Spiel vertreten, welches nicht unbedingt von einer unbekannten Person programmiert wurde: Tim Schafer, dem wohl größten lebenden Adventuregamedesigner auf Erden! Gut, Psychonauts war damals ein finanzieller Flop (weswegen der kommende Nachfolger über Kickstarter finanziert wurde), aber der Gamedesigner ist eine Legende, brachte er uns doch die ersten Monkey Island Teile, Day of the Tentacle und Grim Fandango. Aber vielleicht ist das auch der Grund, warum Schafer zu den Indies gezählt werden kann: Es sind Nerd-Legenden, die ich hier gerade aufgezählt habe. Spiele also, die dem Ego-Shooter-Fan vielleicht gepflegt am Allerwertesten vorbei gehen. Spiele mit Tiefgang und Story, die einen an den Rand der Verzweiflung treiben können, wenn mensch mal nicht weiter kommt. Sowas will doch heute keine mehr spielen, jeder muss alles erreichen können und das ohne viel Aufwand, damit sich niemand beleidigt fühlt. Wer's nicht glaubt, der schaue sich mal aktuelle Diskussionen zu World of Warcraft an ;)

Anyway, mit Schaffer ist eine Legende beim Bundle vertreten. Und das ist auch deutlich zu merken. Innerhalb der ersten 5 Stunden wurden über 1 Million Dollar eingenommen, einen Tag später wurde die 2 Millionen Dollar Grenze geknackt, aktuell steht das Bundle bei 3,1 Millionen US-Dollar bei 8 Tagen Restlaufzeit und ohne die zu erwartenden Zugaben in der Laufzeitsmitte. Damit ist das Indie Bundle V schon jetzt das erfolgreichste Bundle aller Zeiten!

Der Erfolg zeigt wie sich auch mit dieser Art der Verkaufens gutes Geld verdienen lässt, ohne dass dafür die User mit DRM oder ähnliches geknebelt und gegängelt werden müssen. Ich hoffe, das Beispiel macht Schule.

Weniger beispielhaft sollte allerdings die Entscheidung sein, die Limbo in das Bundle brachte. Auch wenn es den meisten Menschen egal sein wird, so ist die über das Bundle verbreitete Version kein nativer Linux-Port sondern eine in crossover gewrappte Windows-Variante. Mit anderen Worten: Im Kern ist es ein erweitertes wine, welches die Windows-Version unter Linux zum laufen bringt -- wenn es denn läuft. Sollte sich dies durchsetzen, so müsste das Humble Bundle in Zukunft sich nicht mehr die Mühe machen Linux-Versionen bereit zu stellen, weil ja alle Windows-Versionen mit wine/crossover lauffähig werden. Es gilt also sich den Anfängen zu erwähren, damit das Bundle auch weiterhin plattformübergreifend bleibt. Im Netzt gibt es auch schon die erste Petition zu diesem Thema, eine ausführlichere Beschreibung des Problems finden sich (in englisch) auf dieser schönen Seite. Ich habe die Petition unterzeichnet, weil ich auch in Zukunft nativ unter Linux laufende Spiele im Humble Bundle haben möchte.

Aber genug gemeckert: Happy Gaming!

Montag, 4. Juni 2012

In the grim darkness of the far future there's only copyright!

Das Urheberrechht erreicht also jetzt die Dritte Dimension, wie Telepolis zu berichten weis? Ein erster Blick und kurzes Nachdenken zeigen, dass es bei Weitem nicht erst jetzt in der Welt der anfassbaren Gegenstände angekommen ist. Doch die Folgen, die 3D-Drucker und rapid prototyping auf unser Leben haben könnten, sind kaum abzusehen. Sicher erscheint aber, dass es für uns teurer werden wird, wenn sich nicht maßgeblich im Urheberrecht etwas ändert. Aber der Reihe nach.

Denkt mensch an geistiges Eigentum und Urheberrecht dann denkt wohl jeder und jede zuerst an die Musik- und Filmindustrie, die in den letzten Jahren mit überzogenen Abmahnung gegen ihre Konsumenten und öftmals auch gegen ihre Kunden vorgingen. Mit Abstand folgen dann die Verlage, deren Digitalisierungswelle gerade erst Fahrt aufnimmt. Dann kommt lange Zeit nichts mehr in der öffentlichen Wahrnehmung. Immer geht es Digitalisate, die sich verlustfrei und beliebig kopieren lassen, nie um anfassbare Objekte. Doch stille Wasser sind tief und die Zeiten ändern sich.

Urheberechtsstreitigkeiten für Objekte sind nicht wirklich neu: Mensch denke an Apple und Samsung, die sich regelmäßig wegen sogenannter Gebrauchsmuster streiten. Das Smartphone des einen sieht zu sehr nach dem Cell Phone des anderen aus und schon werden die Anwälte von der Leine gelassen, Vertriebsverbote erlassen und Schadensersatz gefordert. Kaum ein Tag vergeht, an dem sich nichts über derartige Vorgänge in den Zeitungen finden lässt. Dies sind die Art von Streitigkeiten, für die das Urheberrecht mal gemacht wurde: Zwei Firmen treffen aufeinander und feilschen um Wettbewerbsvorteile.

Dies änderte sich seit Napstar massiv: Nicht mehr der Mitbewerber war das Ziel der juristischen Scharmutzel, sondern der Konsument, der nicht mehr bereit war die Wucherpreise zu bezahlen, die damals vor allem die Musikindustrie forderte. Daraufhin griff der Kunde zur Selbsthilfe. Flankiert wurde dieses Unternehmen durch die flächendeckende Versorgung mit Digitalisaten, die erstmals die Preisidiotie der Majors offensichtlich werden lies.

Prompt wurde gejammert, illegale "Raubkopien" töten Musik -- eine Kampagne, die wie "Home Taping is Killing Music" in den 80zigern den Niedergang der Musik zum apokalyptisches Szenario aufbauschte. Nüchtern betrachtet lässt sich aber feststellen: Weder die Einführung des Kassettenrekorders noch die Erfindung der MP3 haben die grossen Konzerne ruiniert! Beide führten lediglich dazu, dass Majors ihr Vertriebsmodell überdenken mussten, welches sich plötzlich als doch nicht naturgegeben herausstellte -- obwohl die Majors bis heute der Meinung sind, es wäre so.

Dies sind alles mehr oder minder olle Kamellen und bieten kaum Neuigkeitswert. Kommen wir also zur Synthese der objekthaften und der digitalen Kopien und betrachten wir das Neue. Games Workshop Limited (GW) ist eine britische Spieleschmiede, die vor allem für ihre Tapletop-Spiele bekannt ist. Neben dem Fantasyspiel Warhammer haben sie noch das futuristische Warhammer 40k sowie das Lizenzspiel Herr der Ringe im Portfolie. Darüber hinaus haben sie im Backkatalog einige Klassiker, die sie hin und wieder mal limitiert neu auflegen (Blood Bowl, Space Hulk). Diese Firma war schon immer sehr bedacht auf ihr Urheberrecht, was unter anderem die Veröffentlichung eines nicht-kommerziellen Fanfilms verhinderte.

Das Feld der 3D Drucker ist schon lange eine Entwicklung, die GW den Schweiß auf die Stirn treibt. Ich habe mir sogar sagen lassen, es gäbe einige von GW unterhaltene Läden, in denen die lokalen Redshirts Gespräche über rapid prototyping energisch unterbinden. Als Redshirts werden die Mitarbeiter in den GW Läden bezeichnet; einerseits aus Hommage an Star Trek, andererseits auf Grund ihrer roten Berufskleidung. Gespräche über 3D Drucker werden übrigens unabhängig davon abgebrochen, ob diese im Zusammenhang mit GW Produkten stehen oder durch reine technologische Neugier motiviert sind.

Mit der ersten Abmahnung für 3D-Objekte, die jetzt durch GW verschickt wurde, verlagert sich der Kampf ums Urheberrecht von den Festplatten in die begreifbare Welt. Und auch wenn es nur nach einer Kleinigkeit aussieht und es nur um ein Spiel zu gehen scheint, so sind die Implikationen doch bedeutender. Was ist, wenn es irgendwann billiger sein sollte, sich eine Spezialschraube drucken zu lassen als diese im Laden zu kaufen? Oder die selbe Schraube im Laden aus einem Material gefertigt ist, das nicht die benötigte Stabilität aufweißt? Oder diese Schraube gar nicht mehr hergestellt wird? Was passiert, wenn diese Schraube noch urheberrechtlich geschützt ist? Wird dann mit der Druckrechnung gleich noch die Abmahnung rausgeschickt -- inklusive Aufforderung, die Schraube zu zerstören, damit sie nicht widerrechtlich eingesetzt wird?

GW scheint den falschen Weg der Musik- und Filmindustrie gehen zu wollen. Anstatt die neue Technik aufzugreifen, wird sie bekämpft. GW könnte sich rapid prototyping zu Nutzen machen und mit dieser Technik individuelle Charaktermodelle anbieten, die für mehr Variationen auf dem Spielfeld sorgen würden. Oder Spezialteile anfertigen lassen, die Spieler und Spielerinnen schon immer verzweifelt gesucht, aus mangelnden Fähigkeiten aber nie modelliert bekommen haben.

Aber nö. Lieber draufhauen. Ist ja auch ein Kriegsspiel und kein Kindergeburtstag.

Sonntag, 3. Juni 2012

Von Burschen in Deutschland und Nazis in Hamburg

Ein gutes Jahr ist es her als die Deutsche Burschenschaft von sich Reden machte: Damals diskutierte sie auf ihrem Burschentag quasi öffentlich darüber, ob nicht eine Art "Ariernachweis" von Bewerben zu verlangen sei. Die ob dieser Diskussion entstandene Medienöffentlichkeit war ihnen mehr als peinlich und sie beschwichtigten, wo immer sie konnten. Diesen Worten folgte -- wie sollte es auch anders sein -- kaum Taten: Lediglich die Einführung des "Ariernachweises" wurde abgelehnt. Danach lief alles so weiter wie bisher.

Welches Geistes Kind die Deutsche Burschenschaft ist zeigt sich jetzt, ein Jahr später, mehr als deutlich. Unter der Überschrift "Offiziell rechtsextrem" lässt sich in der Frankfurter Rundschau folgender Satz lesen: "[...] sie hat gleich zum Auftakt ihres alljährlichen Burschentages in Eisenach einen rechtsextremen Funktionär im Amt bestätigt. Sie rückt jetzt auch ganz offiziell nach rechts." Die also, die damals nur "Einzelmeinungen" absonderten und nicht für den gesamten Verband sprachen, werden nun wieder als Funktionäre des Verbandes bestätigt. Irgendwie steht hier die Aussage in keinem logischen Zusammenhang zur Handlung. Aber so ist das halt mit verbohrten Ideologien...

Der liberale Flügel kündigt, wie vor einem Jahr, auch Angesichts dieses "Fauxpas" erneut die Abspaltung an. Ich vermute, auch hier werden den Worten keine Taten folgen. Es wirkt eher so, als versuche man die "Ehre" zu retten indem man nach außen signalisiert, dass "ja nicht alle so schlimm sind." Falls also wirklich mehr hinter den Aussagen stehen sollte, dann glaube ich dies erst, wenn die Spaltung erfolgt ist und sich die Spalter öffentlich von der rechten Deutschen Burschenschaft distanzieren. Alles andere ist nur inhaltsleere Augenwischerei.

Apropos Rechte: In Hamburg marschierten heute einige hundert rechte Vollpfosten für den "Tag der deutschen Zukunft". Es waren sogar weniger Armleuchter anwesend als ursprünglich erwartet wurden. Bei der Blockade der Demonstrationsroute kam es vereinzelt zu Randalen (NDR) oder zu schweren Ausschreitungen (Frankfurter Rundschau), je nachdem welche Nachrichtenseite mensch ansteuert.

Wie zu erwarten war, waren am heutigen Tag mehr Gegendemonstranten als Nazis auf den Straßen: Laut Schätzungen haben rund 10.000 Personen an der offiziellen Gegenkundgebung auf dem Hamburger Rathausplatz teilgenommen und 4400 Menschen blockierten die Route der Hirnlosen in Wandsbek. Danke für diese erneute und öffentliche Demonstration, dass die ewig Gestrigen keinen Platz in der Moderne haben!

Augenscheinlich haben die beiden Mitteilung außer der Beteiligung des rechten Rands wenig miteinander gemein. Vergleicht man aber die Zahlen, dann stellt man erstaunliches fest: In den 120 Burschenschaften in Deutschland sind rund 10.000 Studenten organisiert (Quelle ist erneut der Artikel der Frankfurter Rundschau); in Hamburg gehen eben so viele Menschen gegen rechtes Gedankengut auf die Straße. Was für ein Zufall diese Zahl am selben Abend in zwei so unterschiedlichen, aber dennoch verwandten Zusammenhängen zu lesen. Es gibt auf jeden Fall Hoffnung, dass allein in Hamburg mehr Menschen für ein buntes Miteinander auf die Straße gehen als dass sich deutschlandweit Männer in elitären Grüppchen zusammenrotten, um in diesen die Welt unter sich aufzuteilen.

*Für eine friedliche und emanzipatorische Zivilgesellschaft*

Samstag, 2. Juni 2012

Gefährliche Zeiten

Der Bericht über die kanadische Provinz British Columbia, die Überlebenstipps für die anstehenden Zombieinvasion verbreiten, liegt nur wenige Tage zurück und ich beginne mich zu fragen, ob nicht langsam aus der Ironie ernst wird. Der tägliche Blick in die Zeitungen war wahrlich erschreckend.

Da ist ein kanadischer Pornodarsteller, der Leichenteile per Post verschickt. Dann gibt es einen Mann in Miami, der einen Obdachlosen anfällt und dessen halbes Gesicht verspeist. Und zu guter Letzt frisst ein Studierender in Baltimore Herz und Hirn seines Mitbewohners. Laut Frankfurter Rundschau könnte das erhöhte Gewaltpotential, zumindest in den beiden Fällen von Kannibalismus, im Zusammenhang mit einer neuen, synthetischen Droge stehen (siehe hierzu den letzten Link).

Heiliger Irgendwas, langweilen wir uns wieder derart zu Tode, dass der Tod zu einer attraktiven Freizeitbeschäftigung verkommt? Alle drei Meldungen kamen innerhalb der letzten Woche rein und ich hoffe inständig, dass dieses geballte Maß an Grausamkeit und Unmenschlichkeit nicht zur Regel wird.